Warum man(n) öfter auf seine Frau hören sollte…

Die meisten Menschen sind dumm, wenn sie jung sind. Das ist OK – die Natur hat das vermutlich so eingerichtet. Schlimmer ist es, wenn man in der Mitte des Lebens oder gar im Alter immer noch viele wahnsinnig dämliche Entscheidungen trifft, weil die Lernkurve in der Zwischenzeit so flach war wie die Witze von Mario Barth.

Gerade Männer scheinen als Teenager und in der frühen Erwachsenen-Phase relativ dämlich zu sein. Nicht, dass junge Frauen nicht auch Grütze im Hirn hätten (im Zeitalter von Instagram kommt das noch besser zur Geltung), aber bei uns Kerlen ist es mutmaßlich noch fieser. Ist aber auch kein Wunder: Mutter Natur kippt in dieser Zeit im Minutentakt literweise Testosteron in die Blutbahn. Da bleibt neben den Sex-Gedanken (den wir ja aber meistens doch nicht kriegen…) kaum noch Kapazität.

Worauf ich aber eigentlich hinaus will: Ist es nicht ironisch, dass wir in einer Phase, in der unsere Gehirne ständig vernebelt sind, so grundlegende Entscheidungen für unser Leben treffen müssen? Immerhin wählen wir in diesem Abschnitt unseren (ersten) Beruf – und nicht selten entscheiden wir uns auch für den Partner fürs Leben.

Vom dänischen Philosphen Søren Kierkegaard stammt folgendes Zitat:

Verstehen kann man das Leben rückwärts; leben muss man es aber vorwärts.

Tatsache. Doch je älter ich werde, desto mehr verstehe ich, wie risikobehaftet das mit dem „vorwärts leben“ im Grunde ist. Wie zum Geier soll ein 20- oder 30-jähriges Ich wissen, was ein 40- oder 50-jähriges Ich am Leben schätzenswert findet? Denn die meisten älteren Menschen werden bestätigen können (insbesondere, wenn Kinder ins Leben kommen), dass sich Prioritäten im Leben radikal verändern können. Ein Beispiel:

Schatzi knows best…

Heute wird Sohnemann 6 Jahre alt. Ungefähr vor vier Jahren haben meine Frau und ich uns entschieden, aus unserer damaligen Mietwohnung auszuziehen und unser heutiges Haus zu kaufen. Wobei die Wahrheit anders aussieht: Faktisch hatte die Dame des Hauses mich so lange unnachgiebig mit dem Thema bedrängt, bis ich einfach klein beigegeben habe. In der Zeit davor hatte im Grunde nichts weiter als eine verpeilte „Ja aber“-Kampagne gefahren:

  • „Ja, aber die Wohnung ist doch schön und wir sind gerade erst eingezogen.“
  • „Ja, aber bist du sicher, dass wir eine so hohe Hypothek aufnehmen wollen?“
  • „Ja, aber was ist, wenn mich mein Arbeitgeber nach New York schicken will? Dann haben wir das Haus an der Backe. Es heißt nicht umsonst Immobilie.“
  • Usw.

Irgendwann beugte ich mich ihrem Druck und sagte, sie möge sich doch auf eigene Faust umschauen. Nach ein paar Wochen berichtete sie, dass sie das perfekte Eigenheim gefunden hätte – und fragte mich, ob ich es mir nicht ansehen wolle. Bis ich Zeit für eine Besichtigung fand, hatte meine Frau sich das Haus bereits mehrere Male angesehen. Sohnemann war jedes Mal mit dabei.

Als sie mich also beim dritten oder vierten Besuch erfolgreich zwangen, sie zu begleiten, kannte sich Junior dort bereits bestens aus. Die Vorbesitzerin öffnete die Haustür und Sohnemann hielt sich nicht lange mit Höflichkeiten auf. Er stürmte die Treppe im Flur hoch, dann durch die Diele, weiter durch den Essbereich hin zur Terrassentür. Nachdem diese ihm geöffnet wurde, kraxelte er die Terrassentreppe hinunter und lief in den endlos langen Garten.

Ich folgte wenig später – und dann geschah es: Die Sonne stand bereits tief an diesem Nachmittag im Herbst und ich sah meinen Sohn in der Ferne in den Sonnenuntergang laufen. So kitschig es klingt, so wenig werde ich jemals dieses Bild vergessen. Es hatte eine körperliche und gleichzeitig ätherische Wirkung – wie ein Donnerhall im Hier und Jetzt, welcher den Körper erfasst, während die Seele einen Moment lang weit über die Gegenwart hinaus blickt und die Urkraft des Lebens an sich erahnt.

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In diesem Moment schoss ein Gedanke glasklar durch meinen Kopf: „Alter, es geht hier doch gar nicht um dich (allein).“

Gut, da hätte ich auch früher drauf kommen können. Aber wie gesagt: Wir, liebe Männer, können richtig bräsig sein, wenn wir jung sind und noch alles um uns selbst kreist. Immer mehr beschleicht mich auch das Gefühl, dass Frauen uns an dieser Stelle – wie so oft – ein paar Jahre voraus sind. Viele Damen erkennen den Wert von Bindung und Fürsorge früher als Männer. Jedenfalls war die Entscheidung, dieses Haus zu kaufen, in dem nun unsere beiden Kinder aufwachsen, und gegen die ich mich so lange gewehrt habe, eine der besten meines Lebens.

Es ist ein guter, ein großzügiger Ort, den ich alleine niemals gefunden hätte.

„Wir haben heute Gottes Liebe gemacht!“ Best of Kindergarten-Konversationen

Nico_Mika_FruehstueckWenn sie erstmal verstanden haben, wie das geht, dann quatschen Kinder unentwegt, manchmal schon, bevor die Augen morgens richtig auf sind – und oft auch abends, wenn sie eigentlich fest schon zugefallen sind. Heraus kommen viele ulkige Versprecher, regelmäßig herzerweichende Liebenswürdigkeiten – und machmal auch tiefschürfende Weisheiten, die einem die Sprache verschlagen. In diesem Beitrag liste ich das schönste, beste und tollste auf, was Sohnemann in den ersten Lebensjahren von sich gegeben hat.

Härter als Chuck Norris

Sohnemann hat sich ordentlich den Kopf gestoßen.
Papa: „Soll ich „Heile Gänschen“ singen?“
Sohnemann: „Ne. Singen nur, wenn es blutet!“

Kindermund tut Wahrheit kund

Sohnemann sieht zum ersten Mal einen Smart. Reaktion:
„Oh, ein bisschen Auto.“

Sonntags, 06:20 Uhr

Jemand zieht meine Bettdecke weg.
Sohnemann: „Papa wach? Mika müde alle. Autehn. Hopp!“

Liebeslogik, die erste

Papa: „Hast du mich lieb?“
Sohnemann: „Ja“.
Papa: „Aber warum?“
Sohnemann: „Weil du bei uns wohnst.“

Die Schimpfwortpatrouille ist unterwegs

Papa, nachdem er sich den Zeh gestoßen hat: „Scheiße!“
Sohnemann: „Papa, du hast das Wort gesagt, was man nicht sagen darf. Das, was Mama auch immer sagt.“

Arbeit ist nicht das halbe Leben

Sohnemann weigert sich auch nach zehnten Runde „La Le Lu“, die Augen zu schließen.
Papa: „Ich geh jetzt runter. Ich muss noch was arbeiten.“
Sohn, schläfrig: „Arbeiten morgen. Bisschen hier bleiben!“

Wenn man einfach in Ruhe essen will

Sohnemann macht Mama und Papa eine klare Ansage beim Abendessen:
„Nicht den ganzen Tisch vollquatschen, ihr Wollmäuse!“

Wird später mal ein guter Chef

„Danke für die Arbeit!“
Sohnemann, nachdem ich ihm ein großes Spielzeug die Treppe herunter getragen habe.

Früher war das anders

Sohnemann: „Wir haben heute im Kindergarten Gottes Liebe gemacht.“
Papa: „?!?“

Mika_GitarreFreundliche Flora

Papa: „Was habt ihr heute bei Oma gemacht?“
Sohnemann: „Wir haben die Blumen gegossen.“
Papa: „Und dann?“
Sohnemann: „Die Blumen haben „danke“ gesagt.“

Wenn das Herz zerspringen will

Sohnemann, im Bett und schon schläfrig, nimmt meinen Kopf in beide Hände, zieht mich nah an sein Gesicht und sagt:
„Ich bin dein Freund.“

Furchtlos durch die fünfte Jahreszeit

„An Karneval hat sich die Franziska als Verspenst gekleidert. Ich hatte aber keine Angst.“

Das kann doch nicht so schwer sein mit dem Nachwuchs

Papa: „Möchtest du einen Bruder oder eine Schwester?“
Sohnemann: „Ich möchte einen Bruder und eine Schwester.“
Papa: „Hmm…die Mama hat aber nur ein Baby im Bauch.“
Sohnemann: „Das macht doch nichts.“
Papa: „Wieso?“
Sohnemann: „Ich sag Mama morgen, sie soll noch eins machen.“

Sonntagmorgen nach dem Aufwachen im Bett

Sohnemann: „Ist dir kalt?“
Papa: „Ja.“
Sohnemann: „Soll ich dich wärmen?“
Papa: „Au ja!“
Sohnemann: „OK, ich mach dir eine heiße Stunde.“
Papa: „?!!?“

Misheard Lyrics

Papa: „Wie geht nochmal das Lied, was ihr gestern im Kindergarten gelernt habt?“
Sohnemann: „Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelogen der Name des Herrn.“

Liebeslogik, die zweite

Papa: „Hast du mich lieb?“
Sohnemann: „Ja.“
Papa: „Und wieviel?“
Sohnemann zeigt zwei volle Hände, das heißt: „So viel, wie es nur geht“.
Papa: „Und wenn du drei Hände hättest?“
Sohnemann: „Dann noch mehr.“
Papa: „Und wenn du keine Hände hättest?“
Sohnemann: „Tja, dann gar nicht.“

Mika_schlafend_entspanntDu hast gewonnen

Abends im Bett, wir spielen „Wer hat wen mehr lieb“:
Papa: „Ich habe dich einmal um die ganze Welt lieb.“
Sohnemann: „Ich hab dich lieb in allen Welten, die es gibt.“

Fliegender Wechsel

Papa: „Freust du dich auf deine Schwester?“
Sohnemann: „Ja.“
Papa: „Dauert noch ein paar Monate, bis sie kommt.“
Sohnemann: „Im Sommer. Und wenn die aus dem Bauch kommt, geh ich wieder rein.“

Herzlichen Dank auch

Papa: „Sind Elefanten größer als ich?“
Sohnemann: „Ja.“
Papa: „Und sind sie auch schwerer als ich?“
Sohnemann: „Ja.“
Papa: „Und stinken sie mehr als ich?“
Sohnemann: „Ne, du stinkst mehr.“

Angenehme Nachtruhe

Papa: „Hast du gut geschlafen?“
Sohnemann: „Ja. Ich habe mit der Sonne geträumt.“

Es tut so weh

Sohnemann: „Papa, ich möchte mit dem Fahrrad zum Kindergarten fahren. Weil Autofahren kannst du ja nicht so gut.“

Machen Kinder glücklicher oder unglücklicher? Beziehungsweise: Ist das die richtige Frage?

Heute mal keine Schwank aus dem Leben mit meinem Sohn, sondern ein wenig Wissenschaft. Diejenigen unter meinen Lesern, die vielleicht schon einmal meine Biographie angeschaut haben, wissen, dass ich mich eingehend mit Positiver Psychologie beschäftige, in kurz: der psychologischen Wissenschaft vom gelungenen Leben. Es geht um all jene Themen, die man ansonsten vorrangig im Regal für Selbsthilfe beim Buchhändler des Vertrauens findet: Wie werde ich glücklich? Wie finde ich Sinn im Beruf und im Leben an sich? Und natürlich auch: Was lässt eigentlich Beziehungen gelingen oder scheitern? Der Unterschied: In der Positiven Psychologie wird das ganze Tschaka-Guru-Gedöns durch harte wissenschaftliche Fakten ersetzt. Daher findet man hier auch des Öfteren Fakten, die so gar nicht zu den Gemeinplätzen der Selbsthilfe-Industrie passen wollen.

Ich bin mir beispielweise ziemlich sicher, dass mir die meisten Eltern unter meinen Lesern auf die erste Frage in der Überschrift ein krachendes „Glücklicher!“ entgegenschreien würden. Doch bei wissenschaftlicher Betrachtung dieser Frage zeigt sich, dass eine Antwort nicht so eindeutig zu finden ist – die Datenlage ist recht widersprüchlich.

Es gibt diverse Studien, die aufzeigen, dass das individuelle Glücksniveau von Vätern und Müttern spürbar sinkt, wenn ein erstes Kind ins  Haus kommt – und dass es in der Regel auch nicht wieder bedeutend steigt, bis dieses Kind (oder die Kinder) sich anschickt, das Haus zu verlassen. Andere Forscher fanden heraus, dass ein erstes Kind das Glücksgefühl deutlich steigern kann, vor allem für Väter und umso mehr bei Jungen. Schließlich gibt es Studien, welche die klassischer Antwort aller Juristen (und Psychologen…) geben: Kommt drauf an. Oder besser gesagt: Es gibt widersprüchliche Befunde. Zum Beispiel zeigt sich, dass Mütter häufiger gestresst, aber vergleichsweise weniger oft depressiv sind.

Die Fakten

Wenn es einen Haufen widersprüchlicher Forschungsergebnisse zu einem bestimmten Thema gibt, ist es immer eine gute Sache, wenn jemand eine sogenannte Meta-Analyse durchführt. Hierbei handelt es sich um eine Studienform, welche die Ergebnisse früherer Studien bewertet, gewichtet und dann zusammenfassend neu auswertet. Eine solche Metaanalyse wurde 2003 durchgeführt. Hier ein Überblick der wichtigsten Ergebnisse:

  • Die sogenannte Ehezufriedenheit ist unter Paaren mit Kindern im Mittel ein gutes Stück niedriger als bei kinderlosen Paaren.
  • Je mehr Kinder, desto stärker größer das Zufriedenheitsgefälle zwischen Eltern und Kinderlosen.
  • Der Effekt ist besonders ausgeprägt bei Müttern von Babys und Kleinkindern, nicht so sehr bei älteren Kindern. Bei Vätern spielt das Alter der Kinder hingegen keine besondere Rolle.
  • Je wohlhabender die Eltern, desto stärker sinkt im Mittel die Ehezufriedenheit bei Geburt des ersten Kindes.
  • Je jünger die Eltern, desto stärker sinkt das Glücksniveau.

Übergreifend sind die wichtigsten Treiber für die sinkende Ehezufriedenheit mit der Geburt der Kinder verschiedenen Arten von Rollenkonflikten sowie das Gefühl der eingeschränkten Freiheit und Selbstbestimmtheit.

Sollten Kinder uns überhaupt glücklicher machen?

Vielleicht ist die Frage nach dem Glück auch einfach nicht die richtige Frage. Ist es wirklich die Aufgabe unserer Kinder, uns als Eltern glücklicher und zufriedener zu machen? Ich denke nicht. Wenn ein Kind in unser Leben kommt, verlieren wir tonnenweise Geld, Schlaf (und das liegt an schmutzigen Windeln, nicht an schmutzigem Sex…) – und müssen regelmäßig Großoperationen planen und ausführen, welche in ihrer Komplexität höchstens mit der Landung in der Normandie zu vergleichen sind. Und alles nur, um Freitagabend mal ins Kino gehen zu können.

Kinder zu haben macht nicht die ganze Zeit glücklich. Von dieser Illusion sollten wir uns alle besser schnell verabschieden.

Aber Eltern bekommen etwas anderes, beispielsweise das Erleben eines tieferen Sinns im Leben – und das Gefühl bedingungsloser Liebe (…wenn es glatt geht…). Vielleicht hat die frühere Forschung einfach eine falsche Frage gestellt. In der Positiven Psychologie werden zwei verwandte, aber doch klar abgrenzbare Dimensionen des psychologischen Wohlbefindens unterschieden: Die hedonische und die eudaimonische Achse (siehe Grafik).

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Auf der hedonischen Achse finden sich die kurzlebigen Freuden des Daseins, Lust, Genuss, die Befriedigung von körperlichen Bedürfnissen. Es geht ums Nehmen im Jetzt und Hier, das Ich: den Spaß. Dagegen ist absolut nichts einzuwenden – allerdings wird sofort ersichtlich, dass es genau diese Aspekte sind, auf die das (frühe) Elternsein gerade nicht einzahlt. Bei der eudaimonischen Achse geht es um längerfristige, tiefere Gesichtspunkte des Lebens: Sinn, Wachstum, Verantwortung, das Geben und das Wir: die tiefe(re) Freude. Ich vermute (ohne dass ich dies mit Daten belegen kann), dass Eltern hier in der langfristigen Perspektive die Nase vorne haben gegenüber kinderlosen Paaren.

Mutter oder Vater zu sein macht nicht immer Spaß – das weiß ich aus eigener Erfahrung. Vielleicht ist es sogar der härteste Job der Welt (wie es in dem abschließenden Video kolportiert wird)? Doch ich weiß ebenso aus eigener Erfahrung: Es lohnt sich allemal…

Ein Kind ändert alles! Ja ne, is klar…

Nico_Mika_FruehstueckIch lese regelmäßig Zeitschriften wie GQ oder die an Männer gerichteten Ableger populärer Frauenmagazine, beispielsweise Gala Men. Zu den jährlich wiederkehrenden Themen dieser Publikationen gehören Berichte darüber, wie es angeblich sei, vom Mann zum Vater zu werden.

Meistens bestehen die Stücke aus den Schilderungen eines Mittdreißigers, der sich darüber auslässt, wie sich in jenem Moment, in welchem er erfuhr, dass er Vater wird, alles, wirklich alles geändert habe (spätestens bei der Geburt…). Vorbei, alles vorbei! Die Sauftouren mit den Freunden, die One-Night-Stands mit all den Frauen, die nicht die Mutter des Kindes sind, die durchgezockten Nächte vor der Playstation mit dem besten Kumpel, die Super-Spontan-Trips nach Budapest und…und…und.

Ich selbst bin vor gut dreieinhalb Jahren Vater geworden, nachdem ich fünf Jahren geheiratet hatte. Und ja: Es hat sich einiges geändert. Vieles sogar. Der Fokus meiner Aufmerksamkeit hat sich umfassend verschoben, zumindest in jener Zeit, in der ich nicht arbeite. Ich habe deutlich weniger Zeit an sich und Schlaf im Besonderen. Die Rollen als Mann und Frau werden zumindest übergangsweise fast vollständig überlagert von den Rollen als Vater und Mutter.

Hat das wirklich alles verändert?

Es mag im Bereich des Möglichen liegen, dass ich einfach ein stinklangweiliges Leben führ(t)e. Ich arbeite gerne, mache halbwegs regelmäßig Sport, gehe ab und an auf Metal-Konzerte und sitze bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit einem Cappuccino im Café zum Lesen und Schreiben. Ab und zu gehe ich feiern, und wenn, dann meistens bis zum Abwinken.

Und jetzt kommt eben dazu (bzw. muss von den vorigen Dingen abgezogen werden): Ich verbringe so viel Zeit wie möglich mit meinem Sohn. Versuche, mein berufliches Reisepensum einzuschränken, sage viele Einladungen ab und stimme mich allgemein besser mit meiner Frau über unseren Kalender ab. Aber ehrlich gesagt: No big deal.

Das führt mich wieder zurück zu den oben genannten Zeitschriften. Meine Lieblingsserie ist Californication. In dieser Farce vögelt sich der von David Duchovny dargestellte Schriftsteller Hank Moody, ein dauerbetrunkener, kettenrauchender, sarkastischer Romancier zu cooler Musik durch die silikonoptimierte Damenwelt von Los Angeles – und das alles, obwohl er mit Karen, der Liebe seines Lebens, eine Tochter im Teenageralter hat.

Höchst unterhaltsam. Ein bisschen wie Sex and the City, nur eben für Männer. Es ist eine irrsinnig freudvolle Phantasie, weil vermutlich jeder Mann auf diesem Planeten sich zumindest ab und zu wünscht, so wie Hank leben zu können. Ohne Grenzen. Ohne Konsequenzen. Ohne Gewissensbisse.

Mir scheint, jene Männer, die davon schreiben, wie sich alles ändert, wollen mich glauben machen, sie hätten vor der Geburt des Kindes eine Art Moodyesques Leben geführt, welches sie dann abrupt aufgeben mussten. Aber wahrscheinlich ist das der Zweck dieser Magazine. Sie zeigen uns Klischees, Phantasien, Traumbilder – und halten sie so lebendig. Ein normales Leben haben wir ja eh schon.

Also, liebe Noch-nicht-Väter da draußen: Wenn Ihr Schiss habt, Papa zu werden, weil sich dann alles ändern könnte: Habt keine Angst. Es passiert nicht. Man wird (noch) ein bisschen erwachsener. Mehr nicht. Wenn Ihr doch das Gefühl habt, es ändere sich alles, denkt daran:

Es ist oft schwerer, sich von einem Traum zu verabschieden, als von einer Wirklichkeit.