Also das Allerschönste was Füße tun können ist: Tanzen

Mika_GitarreEs gibt ein interessantes Phänomen: Fragt man eine größere Gruppe Erwachsener, ob sie beispielsweise singen oder tanzen können, dann wird ein guter Teil dieser Menschen mit nein antworten. Bei Kindern (bis zum etwa siebten, achten Lebensjahr) ist das anders. Die überwiegende Mehrheit würde lauthals ja schreien und vermutlich auch gleich etwas zum Besten geben. Sohnemann ist ebenfalls ein großer Tänzer. Er beherrscht mittlerweile Breakdance, Flamenco, und ist außerdem ein beinharter Headbanger. Mit keiner seiner Darbietungen würde er beim Supertalent in den Recall kommen, aber darum geht es auch nicht. Er tut es einfach gerne – vermutlich, weil ich schon von Beginn an immer mit ihm im Arm geschwoft habe.

Ganz zu Anfang habe ich in nachts in meinem Armen gewiegt, wenn er nicht schlafen konnte und dazu „Don´t cry“ von Guns N´ Roses oder „Three little Birds“ von Bob Marley gesungen. Später haben wir dann Runde um Runde um unseren Esstisch gedreht, ganz gleich, ob zur Popmusik auf 1Live, den Kinderliedern der Giraffenaffen, oder zu „Ace of Spades“ von Motörhead – was eher meinem persönlichen Geschmack entspricht.*

Ich finde es wunderbar, wie Mika sich im Augenblick für jedwede Form von Musik begeistern kann. Wir waren schon mit ihm auf einem Punkkonzert und er hat Luftgitarre wie ein Weltmeister gespielt. Er liebt Kabellos, die mobile Unplugged-Band, welche regelmäßig auf unserem Wochenmarkt oder in der lokalen Shopping Mall Schlager und Oldies zum Besten gibt. Und auch die Indio-Bands, die in regelmäßigen abständigen in unserer Fußgängerzone „El cóndor pasa“ in Endlosschleife flöten, werden ausnahmslos von ihm mit einem Euro bedacht. Er ist da noch sehr eklektisch aufgestellt, obwohl ich insgeheim schon hoffe, dass aus ihm mal ein ordentlicher Rocker wird.

Eine unserer Tanzeinlagen hat sogar einen minimalen Grad an Berühmtheit erlangt. Ich habe durch meinen Beruf den hochtalentierten und durchweg sympathischen britischen Singer-Songwriter Jonathan Jeremiah kennengelernt, dessen Song „Gold Dust“ der geneigte Leser vielleicht durch Werbung für eDarling oder den Gedöns-Händler Rituals kennt. Im Spätsommer 2015 walzte ich mit Mika vorzugsweise zu den Klängen seines Songs „Smiling“ durch unser Wohnzimmer. Einmal zückte meine Frau ihr Handy und filmte uns. Nachdem ich Jonathan davon erzählt hatte, bat er mich, ihm den Clip zu schicken. Er postete ihn dann auf seinem Facebook-Profil und schrieb dazu: „It’s moments like these that make my career choice feel extremely worthwhile. XJJ“ Wenn Sie uns einmal zuschauen möchten, besuchen Sie bitte:

*Rock ´n´ Roll in Peace, Lemmy Kilmister. Am Tag, als ich dies aufschrieb, ist dieser einmalige Frontman gestorben.

Kindermund tut Wahrheit kund – oder: Der dritte Kroin-Zyklus

Mika_schlafend_entspanntSohnemann ist im Prinzip ein pflegeleichtes Kind. Das einzige Thema, bei dem er ein bisschen schwierig ist: Alleine einschlafen. Das war von Anfang an nicht seine Spezialdisziplin. Jetzt, da er drei ist, klappt es an den meisten Abenden. Doch bis etwa zweieinhalb konnte oder wollte er nur einschlafen, wenn jemand neben ihm saß und seine Hand hielt.

Bei uns ging das meistens so: Es wurde noch ein Bilderbuch gelesen, dann kamen zwei bis drei Runden „La Le Lu“, schließlich noch einen Schluck Wasser – und dann war Mika bereit für die Nachtruhe. Zuallerletzt sagte er „Hand!“, dann umklammerte er meinen Daumen und schaute fortan die fluoreszierenden Sterne an Decke und Wand an.

Vorher wurden allerdings die Nachttischlampe aus und dann „die Kroin“ angemacht. Die Kroin ist eine blaue Schildkröte, die über bewegliche Lampen durch ein Prisma eine Wellenbewegung an Wand und Decke projiziert. Dazu gibt es wahlweise Meeresrauschen oder eine beruhigende Melodie auf der Tonspur. Am Anfang konnte Mika das Wort Kröte noch nicht aussprechen, stattdessen sagte er Kroin – und wurde somit auch Namensgeber einer völlig neuen Zeiteinheit, dem sogenannten Kroin-Zyklus.

Ein Kroin-Zyklus besteht aus zwanzig Minuten, denn nach dieser Zeit geht das Kroin-Wellenlicht automatisch aus. Meine Frau und ich bemaßen somit die Einschlafzeit unseres Sohnes fortan in Kroin-Zyklen. Schlief er innerhalb des ersten Zyklus ein, war das ein Erfolg. Inmitten des zweiten Zyklus: akzeptabel. Mehr als zwei Kroin-Zyklen: Pffffffft. Da er ja immer einen Daumen mit seiner Hand umklammerte, fing man gegen Ende des ersten Kroin-Zyklus vorsichtig an zu testen, ob man den Daumen herausziehen konnte. Und obwohl die Äugelein schon lange zu waren, konnte es immer vorkommen, dass seine Hand nochmal energisch Zugriff und ihr gottgegebenes Daumenrecht einforderte.

Eines Abends, mit etwa zwei Jahren, als sich das Einschlafen besonders langwierig gestaltete (wir schon weit im dritten Zyklus) verlor ich die Geduld, weil ich dringend noch einige berufliche E-Mails raushauen wollte. Ich testete also wie immer, ob ich den Daumen wegziehen konnte. Mikas Augen gingen ein kleines Stück weit auf und es entspann sich folgender leereicher Dialog:

Vater: Mika, du musst jetzt einschlafen!
Sohn: Kann nicht.
Vater: Aber Papa muss noch was arbeiten.
Sohn, schläfrig: Arbeiten morgen. Bisschen hier bleiben.
Ich blieb.

Die Top 3 der sonstigen Einschlaf-Dialoge

Vater: Schläfst du heute alleine ein?
Sohn: Kann ich nicht. Ich bin noch klein.
Vater: Wann wirst du denn groß?
Sohn: Nächsten Dienstag.


Vater: Du musst jetzt schlafen.
Sohn: Ich kann nicht schlafen. Schlafen ist anstrengend.


Vater: Du musst jetzt schlafen.
Sohn: Ich kann leider nicht schlafen. Tut mir leid, Papa. Die Augen gehen einfach immer wieder auf.